Wer einmal georgelt hat, hört nicht mehr auf
GOSHEIM/SPAICHINGEN - Drehorgel und Kirche - passt das zusammen? "Ja",
meint die Drehorgelgruppe, die am Samstag ein Konzert auf dem
Dreifaltigkeitsberg gibt. Denn eine Drehorgel sei wie die kleine
Schwester der großen Kirchenorgel.
Von unserem Redaktionsmitglied Johannes Kühner
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Es sieht so einfach aus, was Drehorgler machen. Sie stehen im feschen
Outfit am Straßenrand, bewegen eine Kurbel und singen. Wer das aber
selbst mal ausprobiert, merkt schnell, dass das gar nicht so einfach
ist. Der Arm wird schwer, und irgendwie klingt das dann gar nicht mehr
so rund wie es eigentlich sollte.
"Wer
einmal georgelt hat, der kann es nicht mehr lassen", sagt Alfons Hermle
aus Gosheim. Seit neun Jahren spielt er in der Drehorgelgruppe. Er
genießt es, mit der Drehorgel in der Fußgängerzone zu stehen oder
Konzerte zu geben, Leute zu begeistern, die Faszination der Musik zu
genießen, ohne jemals Noten lesen gelernt zu haben. "Wenn wir Noten
lesen könnten, würden wir vielleicht Akkordeon spielen", meint Hermle.
Auch
Bernhard Schmid aus Schramberg ist im Drehorgelfieber. Sein erstes
Instrument hat er 1986 gekauft. Und das ist nicht billig - einen
Kleinwagen müsse man schon investieren. Trotzdem hat er mehr als nur
eine Drehorgel daheim stehen. "Die meisten haben mehrere, das ist wie
eine Sucht", sagt der Schramberger.
Geschichten wie Alfons Hermle und Bernhard Schmid hat jeder der Orgler
auf Lager. Max Schneider aus Hausen o.R. etwa, der schon immer den
Traum hatte, sich als Rentner eine Drehorgel zuzulegen. Oder Thomas
Haug aus Haigerloch, dessen Orgel in München extra bemalt worden ist.
Früher
standen die Drehorgler allein in der Fußgängerzone. Dann hat der
Schömberger Johann Reisner die Gruppe zusammengebracht. Durch einen
Balinger Drehorgelbauer hat er die Kontakte geknüpft, inzwischen
besteht die Gruppe aus 20 Leuten.
Denen
kommt es natürlich auch auf die Geselligkeit an. Max Schneider bringt
es auf den Punkt: "Wir sind ein lustiger Verein", sagt er und hat
einige Geschichten auf Lager. Etwa von den Vätern, die bei
Straßenfesten ihre Kinder in die Orgel schauen lassen, obwohl sie
eigentlich nur selbst neugierig sind.
Wer so
viel erlebt hat, ist sicher nicht mehr besonders aufgeregt, oder? Das
stimmt nicht ganz: "Ich hab Lampenfieber", gibt Alfons Hermle zu. Er
freut sich aber auch schon, denn meistens würden die Zuhörer kaum
glauben können, dass die kleine Drehorgel in der Kirche wie eine große
Orgel klinge.}
Klassische Musik auf der Drehorgel: Am Samstag zeigen Alfons Hermle,
Thomas Haug, Bernhard Schmid und Max Schneider (von links) auf dem
Dreifaltigkeitsberg, was in ihren Instrumenten steckt. Foto: Kühner}
Die Drehorgelgruppe gibt am Samstag, 17. Juli, um 18 Uhr ein
Benefizkonert auf dem Dreifaltigkeitsberg. Die Spenden-Einnahmen sind
für die Renovierung des Kirchturms bestimmt. Geboten wird klassische
Musik, die fünf Musiker versprechen ein Klangerlebnis. (Stand: 15.07.2004 00:18)
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